Dienstag, 26. März 2013

Grundlegende Fragen

Mich würde  heute mal eure Meinung interessieren: wie genau nehmt ihr eure Darstellung?
Was ich fragen will ist folgendes: was sind eure Grundüberlegungen bei der Rekonstruktion? Beschränkt ihr euch auf die Rekonstruktion genau eines Grabes, oder mischt ihr? Achtet ihr dabei auf möglichst exakte Reproduktionen oder wollt ihr eher einen Grundüberblick geben? Wenn gewisse Funde fehlen, greift ihr dann auf andere Fundorte oder gar andere Völker zurück?

Beispiel: ich habe mich auf Birka festgelegt. Soweit, sogut. Ich habe Schmuckzubehör, das in Birka gefunden wurde (Schalenfibeln, Kleeblattfibeln, Gleicharmfibeln, Nadeldosen usw.). Der Schmuck ist jedoch aus verschiedenen Frauengräbern, ich rekonstruiere also kein spezielles Grab. Die Gefahr dabei ist, dass ich Schmuckzusammensetzungen trage, bei der mich eine Bewohnerin Birkas vielleicht ausgelacht hätte, weil z.B. meine Ovalfibeln schon seit mehreren Jahrzehnten aus der Mode ist (oder sowas nur die Oma meiner fiktiven Birka-Bewohnerin getragen hätte), oder weil die Nadeldose überhaupt nicht zu der Gleicharmfibel passt.

Okay. Dann Stoffe und ihre Webarten sowie Färbungen. Ich verwende Woll- und Leinenstoffe in den Bindungen Köper (vorwiegend 2/2), Diamant/Rautenköper, Fischgrat und Tuchbindung. Soweit alles gängige Wollbindungen. Aber gab es vielleicht Standards für gewisse Kleidungsstücke? So wie bei uns heute eine Jeans eher nicht in Fischgrat zu finden ist, sondern ein Köper ist. Wurden vielleicht für Trägerröcke oder Tuniken bestimmten Webarten bevorzugt (weil gewisse Bindungen auch gewisse Funktionalitäten und Vorteile mit sich bringen, Beispiel Wadenwickel)?

Wie sieht es mit Färbungen aus? Es gibt einige belegte Färberpflanzen sowie Färbungen, aber kann man diese wahllos für Kleidungsstücke verwenden? Waren Farben vielleicht auch Statussymbole, oder für gewissen Personen/Stände vorbehalten (siehe Farben im Hochmittelalter)? Und darf ich belegte Färbungen, die in Haithabu gefunden wurden, auch in Birka verwenden (im Hinterkopf: Handel)?

Was ist gar mit Kleidungsstücken aus vermeintlich anderen Kulturkreisen, wie etwa die allseits beliebte und auch von mir genutzte Skjoldehamn-Gugel? Wie handhabt ihr das?

Was ist mit Handwerken? Naalbinding z.B. ist ein nachgewiesenes Handwerk. Aber ist es okay, eine nadelgebundene Mütze zu tragen, wo doch kaum mehr als eine nadelgebundene Socke gefunden wurde?

Wie man sieht, könnte man diese Liste endlos fortführen.
Ich versuche für mich einen vertretbaren Mittelweg zu finden. Ich bin nunmal ein Mensch des 21. Jhds. mit einem 40h Job, einer Beziehung, einem Haushalt, weiteren Hobbies und Haustieren. Ich würde gerne meine Stoffe am Gewichtswebstuhl weben, die Wolle mit der Handspindel verspinnen - ach, am besten die dazu notwendigen Schafe halten. Da dies aber nicht möglich ist, versuche ich, Wollstoffe zu verwenden, die möglichst nah an den Funden sind, und sie mit für die skandinavische Eisenzeit belegten Färberdrogen zu färben.

Wenn Funde für Birka fehlen, dann sehe ich mir zeit- und "kulturgleiche" Fundstätten an (Haithabu, Ribe usw.), und "borge" mir dort das eine oder andere (Schuhe, Haithabu-Tasche). Aber: hier besteht natürlich wieder die Gefahr einer Verzerrung. Ich kann mir nicht sicher sein, ob -  um beim Beispiel der Haithabu-Tasche zu bleiben - diese nicht von einem Slawen, Ottonen oder sonstwem verwendet wurde. 

Ich denke, ihr versteht das Prinzip. Wie macht ihr das? Würde mich sehr interessieren :-)

24 Kommentare:

  1. Die gute Nachricht ist - das kaum Einer aus Birka kommt und mit dem Finger auf Dich zeigt.*g*
    Nein im Ernst,ganz schwierige Frage !
    Bei Dir sind wenigstens Gräber erhalten. Im HoMi hat man das gar nicht,dafür aber Bilder. Eine Ausstattung habe ich nach einem Bild versucht zu rekonstruieren. Aber auch da stößt man an Grenzen, bzw Hürden, also muss man Interpretieren,bzw kombinieren. Die Gefahr, da neben zu liegen besteht immer.

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  2. Das kommt noch dazu: "Ihr" habt Bilder, die eine ganz andere Gefahr/Verzerrung/Interpretation mit sich bringen, als reine Gräber. Stelle ich mir manchmal ziemlich aufwendig und schwierig vor.
    Danke für diesen Einwurf :-)

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  3. bei meiner Darstellung (Chatten um 675 n.Chr.) ist es schwierig, alles 100% authentisch zu bekommen - es gibt keine Abbildungen aus der Kombination von Zeit und Gegend, die einzigen Textilfunde sind etwa 50-75 Jahre später (und nur kleine Fragmente aus Adelsgräbern), und die Dokumentation ist längst nicht so umfassend wie bei euch Wikis.
    Trotzdem versuche ich, mich so weit eben möglich an Funden zu orientieren. Das heißt, ich verwende nur Bindungen aus den erwähnten Funden und nehme Stoffe, die etwas grober sind, weil das nunmal Adelsfunde sind und ich eine Handwerksdarstellung mache. Für die Farben beziehe ich mich mangels Nachweisen auf die Capitulare de villis, die zwar auch nicht 100% passt, aber zeitlich relativ nah dran ist (und trotz aller Eigenmächtigkeiten waren die Chatten ja immernoch Teil des Fränkischen Reiches).
    Auch die Schnitte passe ich an Funde und Abbildungen aus dem Rest des fränkischen Reiches an, da sie in dieser Zeit ja zum Glück schon relativ stark vereinheitlicht waren. Interpretation ist es natürlich trotzdem immernoch.
    Da es in vielen Gräbern aus der Zeit nur wenige bis gar keine Metallfunde gibt, reduziere ich meine auch auf das wesentliche. Ich träume noch von einem kompletten Satz Metallteile nach einem Grab, habe aber bisher noch keinen - auch, weil die Dokumentation sehr lückenhaft ist und es kaum Gräber gibt, für die man genug Bilder und Informationen für einen Nachbau bekommt. Da hänge ich aber noch dran, das wird noch irgendwann was.
    Bei meinem Handarbeitsgerät verhält es sich ähnlich - es gibt einiges an Funden aus meinem Hauptquellenort Geismar, aber bei einigen Dingen muss ich auch Funde aus anderen Gegenden heranziehen, teilweise bis hoch nach Haithabu.
    Im Vergleich gerade zu den meisten Wiki-Darstellern mache ich glücklicherweise eben doch eine ziemlich arme udn schlichte Darstellung, so dass ich nicht so viele mögliche Kritikpunkte gerade beim Schmuck habe.

    Insgesamt ist Geschichtsdarstellung eben doch immer zu einem gewissen Grad Interpretation. Auffallen würde in der damaligen Zeit wohl jeder von uns. Aber für mich ist es gerade das schöne an diesem Hobby, immer wieder neue Quellen zu entdecken und jedesmal wieder einiges an der eigenen Darstellung zu überarbeiten.

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  4. Wo kann ich denn hier Deinen Post unterschreiben? ^^
    Ich mache es generell ähnlich, in erster Linie aus Mangel an Zeit und Geld. Zumal es eben auch "nur" ein Hobby ist, wenn man mich dafür bezahlen würde, sähe das aber sicher anders aus :)
    (btw... man kann sich zur Zeit beim Nationalmuseum in Kopenhagen als Wikinger auf Zeit für die neue Ausstellung im Juni bewerben :D)
    Generell versuche ich mich eben an Dinge zu halten, die belegt sind, und möglichst vom selben Ort und aus derselben Zeit stammen. Manchmal geht das leider nicht, weil dann zu einer umfangreichen Darstellung Dinge fehlen würden. Und manchmal fehlt mir auch einfach die Zeit, mich ganz genau in Dinge einzulesen oder das Geld, die ensprechenden Stücke zu besorgen.
    Ich habe aber auch das Gefühl, daß ich über die Zeit hin immer etwas pingeliger werde. :)

    ps: Den Hinweis mit den Stoffen und Bindungen fand ich interessant. Das hat mich nämlich beim Nähen meiner neuen "Schürze" auch erst beschäftigt... Dazu hab ich eine ganz interessante Auflistung für Birka Funde im Netz gefunden.


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  5. Ich mache es ähnlich. Es ist eben nur ein Hobby und soll schließlich Spass machen. Dazu gehört auch, dass man bei den Fehlstellen kreativ wird. Allerdings gerate ich mit meiner darstellung oft an Grenzen. Ich orientiere mich nicht nur an archäologischen Funden, sondern meist an bildlichen Darstellungen oder Beschreibungen in den Sagas. Ich benutze außerdem keine archöologische Fachliteratur, weil mir das Lesen zu mühsam ist und stütze mich auf Zusammenfassungen, z.B. von Thor Ewing, oder Matthias Toplak.

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  6. @Katraka: du hast dir ja sowieso eine etwas "schwierigere" Darstellung ausgesucht. Wir Wikis sind - das müssen wir zugeben - mit Funden und Interpretationen wirklich gut versorgt, und können eigentlich nicht klagen. Bezüglich armer oder reicher Darstellung: ich habe für mich das Gefühl, dass ich mir bei einer ärmeren Darstellung noch viel schwerer tun würde - wenn etwa in einem Grab nur eine kleine Gürtelschnalle gefunden wurde, und ich mangels Besätzen, Schmuck mit ankorrodierten Textilresten oder ähnlichem sonst nichts sagen könnte. Hut ab vor jeden, der das macht :-9

    @Glaumbaer: ich sehe, wir sehen das Ganze recht ähnlich :-) Und danke für den Hinweis mit dem Museum. Ich werde mal nachher auf die Homepage gucken, ob da etwas näheres dazu steht (wobei ich es aus mangel an Urlaub eh nicht machen werde können... ;-)

    @die Uli: das mit den kreativen Fehlstehlen kann ich unterschreiben :-) was ich persönlich anders sehe, ist die Sache mit der Fachliteratur, denn diese ist für mich das A und O, quasi die Grundlage für meine Interpretationen. Zusammenfassungen/Sekundärliteratur beinhalten schon sehr viele eigene Gedanken des Autors, die ich ohne die Grundlage nicht einordnen könnte.

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  7. Die Voraussetzung für eine anständige Grabrekonstrukion ist eine Leiche und so weit will ich dann doch nicht gehen, ist ja nur ein Hobby. Außerdem vermute ich mal, dass der Verstorbene für seine Reise im Jenseits eigens angezogen und geschmückt wurde und daher keine Alltagssituation durch Kopie eines Grabfundes darstellbar ist. Sehr wohl aber können wir dadurch feststellen, welche Gegenstände es gab und wie sie benutzt worden sind.

    Für die Wikingerzeit haben wir zwar kaum Bilder, sehr wohl aber die Sagas. Und in denen können wir nachlesen, dass Kleidung in den Haushalten selbst hergestellt wurde. Nicht nur die Soffe, auch die Schnitte und Stile wurden in den Haushalten selbst gestaltet. So ist auch nachzulesen, dass einer sich einen Gugel entworfen hatte, den er im Schritt nochmal zusammenbinden konnte. Kombiniert mit pelzbesetzten Stiefeln. Diese Sage berichtet des weiteren davon, dass diese Kleidung sehr praktisch war, dem Träger ungemein gefiel und er dafür entsetzlich ausgelacht wurde.

    Ich meine daher, dass wir viel Freiraum in unseren Darstellungen haben und dass auch gewagte Experimente in diesem Freiraum Platz haben sollen. Und auch Lachen der anderen, wenn's mal sehr gewagt wird.

    In den Haushalten der Wikinger hat sich zudem alles angesammelt, was andere nicht fest genug halten haben können oder was zusammengetauscht wurde. So finden sich nordafrikanische, indische und irische Gegenständen in schwedischen Haushalten des 10. Jahrhunderts. Man kann also ruhigen Gewissens EINZELSTÜCKE aus anderen Regionen und früheren Zeiten mit in die Darstellung nehmen.

    Mir ist es am wichtigsten den Stil, die Formensprache zu erfassen und neu darzustellen. Ich glaube auch nicht, dass exaktes Kopieren immer die richtige Herangehensweise ist. Wir können es so machen, wie es auch die Nordmänner machten: Anschauen, Nachbauen.

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  8. @Andreas: guter Punkt den du da einwirfst. Im Hinterkopf sollte immer sein: das was ich rekonstruiere könnte ein reines Toten-Gewand sein, dass der Lebende so nie getragen hat.
    Bei den Sagas wäre ich persönlich ein wenig vorsichtig, wenn man bedenkt, dass sie zum großen Teil deutlich später und auch in einer anderen Gegend aufgezeichnet wurden (das gilt jetzt für mich, die ich skandinavische Eisenzeit im Vordergrund habe). Aber natürlich geben uns die Sagas manchmal interessante Einblicke, die wir so nur aus den Grabfunden vielleicht nicht gewinnen können.

    Zu den Haushaltsgegenständen: ja, es gibt Funde anderer Provenienz, aber diese sind selten, und sollten auch in Darstellungen selten sein. Es verzerrt den Blick ungemein, wenn ein schwedischer Wiki mit einer Buddha-Statue auf dem Tisch und mit irischen Fibeln und gotländischem Gürtel oder ... (hier weitere Besonderheiten einfügen) herumläuft. Aber du sagst es ja auch: Einzelstücke ;-)

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  9. Ich gehe davon aus, dass die Grabausstattung meistens, wenn nicht immer, eine Entsprechung in der Alltagsausstattung hat. Man erfindet ja nix zum Einbuddeln, aber man gibt seinem Verwandten gerne was besonderes mit. Bei der Birka-Börse beispielsweise muss man davon ausgehen, dass es eine reine Grabausstattung ist, weil die Vergoldung im Alltagsgebrauch nicht hält. Andererseits KANN man davon ausgehen, dass es sich um eine besondere Variante eines alltäglich gebrauchten Gegenstandes handelt. Die Alltagsvariante auf Basis des Fundes zu erschaffen ist dann der Freiraum, den ich meinte.

    Bei den Einzelstücken sollte man immer die Relation zu den anderen Funden wahren, sonst baut man ein Kuriositäten-Variete. Wenn in einem ausgegrabenen Haushalt aus einer Siedlung zwei oder drei besondere Einzelstücke gefunden wurden, dann bedeutet das übertragen in die Darstellung in etwa, dass wir ein solches Einzelstück bei jeder 30 Lagergruppe erwarten dürften.

    Aus den Sagas können wir sicherlich genauso wie von den Bildsteinen keine Detailtreue erwarten, aber wir können zB Argumentationsgrundlagen für das Tragen von Unterwäsche finden. Von den Bildsteinen wiederum können wir zB ablesen, wie die Hosen abgebildet wurden. Funde dazu gibt es keine vollständigen, aber wenn man weiss in welchem Stil, mit welcher Verzerrung, die Wirklichkeit in Stein gebracht wurde, kann man erahnen, was man tun muss, um eine ähnliche Hose zu nähen.

    Beide Varianten der Interpretation setzen natürlich voraus, dass man ein Gefühl für die Anfertigung bzw die Abbildung entwickelt hat. Und das, so denke ich zumindest, kann man nur dadurch entwickeln, in dem man selbst mit möglichst authentischen Werkzeugen die Gegenstände selber fertigt. Das selber gefertigte vergleicht man dann wiederum mit dem Fundmaterial und stellt sich immer wieder die Frage: "Wie nah bin ich dran?"

    Wenn ich eine Nadeldose aus Birke statt aus Eiche schnitzte, dann ist das für mich mein Darstellungsfreiraum. Wenn ich Platane dafür nähme, dann hätte ich es falsch gemacht...

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  10. Die Literatur von Thor Ewing und Toplak ist auch Fachliteratur, nur eben keine rein archäologische. Die Forschungen von Geijer und Co. sind ebenso Sekundärliteratur, da sie ebenfalls ihre eigenen Vermutungen haben einfließen lassen. Primärquellen sind nur die Objekte an sich, Bilder und Texte. Alle diese Dinge sind immer reine Interpretationssache. Nur die Forschungen von Geijer und Hägg, auf die sich viele stützen, sind teilweise schon über 80 Jahre alt und seit dem wurden neue Erkentnisse gewonnen. Ich habe das Gefühl, das darauf oft keine Rücksicht genommen wird. Oft bekomme ich zu hören, dass z.B. kein Schleppenkleid gefunden wurde, deswegen hätte es dieses nicht gegeben. Nur weil es (bis jetzt) noch nicht ausgegraben wurde, heißt das noch lange nicht, dass es dieses nicht gegeben hat. Außerdem lassen sich Hinweise auf solch ein Kleidungsstück auf dem Oseberg-Teppich und in kleinen silbernen Walküren-Figuren finden.

    Ich glaube auch, dass in der Kunst der Wikinger zwar einen gewissen Grad an Abstraktion gibt, aber man dennoch eine einigermaßen einheitliche Bildsprache erkennen kann. Wenn man diese Bildsprache verstehen kann, dann kann man auch Rückschlüsse auf die Realität schließen. Es ist allerdings sehr schwer, weil uns sozusagen die "Übersetzungen" fehlen. Allein die Archäologie kann kein genaues Bild von der Lebenswelt vermitteln.

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    1. Hi Uli, mein "Problem" mit Zusammenfassungen wie eben von Ewing und Co. ist einfach, dass er die Funde nicht selber bearbeitet hat, im Gegensatz zu Hägg und Geijer. Dass die Erkenntnisse der beiden heute vielleicht teilweise veraltet sind, ist eben Wissenschaft: solange keine neuen Funde oder eben neue Interpretationen da sind, die die bisherigen Argumente killen, gelten sie :-)

      Hinweise aus Bilder oder Reliefen/Figuren muss man immer kritisch sehen. Wenn dort eine Figur ein Schleppenkleid trägt, dann ist kein Beleg für ein solches Kleidungsstück. Allenfalls ein Indiz. Aber hey, die sogenannte Rus-Hose ist ja auch so ein Fall ;-)

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  11. Ich muß sagen, bei meiner Literatur bin ich wohl ziemlich pingelig. Am liebsten ist mir eigentlich die einschlägige (archäologische) Sekundärliteratur, alte sowie natürlich aktuelle. Ich wühle mich gerade, wenn es die Zeit zuläßt, durch alles, was meine Arbeitsuni so zu bieten hat in der Bibliothek, vor allem auch aktuellere Aufsätze.
    Bei Zusammenfassungen der verschiedenen Sekundärliteratur bin ich insofern vorsichtig, als daß ich dann zumindest die einschlägigen Grundlagentexte auch nochmal selbst zum Vergleich heranziehen mag und Wert darauf lege, daß die Autoren vom Fach sind.
    Interessantes Neues läßt sich oft auch in aktuelleren Dissertationen finden. Die gibts eben oft auch kostenlos im Netz in den Unibibliotheken.
    Die Sprachbarriere ist natürlich auch so ein Punkt. Aber ich lern ja gerade Schwedisch, bzw. seit fast 2 Jahren. Vllt bin ich irgendwann mal soweit, daß ich auch die Fachliteratur verstehe. Im Moment bin ich aber noch bei Kinderbüchern. :D

    In Ewings "Viking Clothing" würde ich zum Beispiel vor einem Kauf super gern reinsehen, ob es was für mich ist. Wie er so schreibt und wie es mit Quellenangaben aussieht. Werde ich mal auf die "zur Ansicht bestellen Liste" setzen. :)

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    1. Kleines OT: Hier kann man sich 'Viking Clothing' mal ansehen (Wenn man sich nicht von der Schrift beim Downloadportal abschrecken lässt und einfach mal klickt ;) )
      Ich hab's mir dann doch gekauft, weil ich einfach gerne Papier in der Hand habe ;)
      Die einschlägige Birka-Literatur gibt es da übrigens auch.

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    2. Huch, der Link ist nicht mit aufgetaucht, nächster Versuch:
      http://www.skidbladnir.ru/en/library/cat_view/3-biblioteka/9-rekonstruktsija.html
      .

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    3. Tack så mycket! Wie cool ^^ Ich hatte die Seite wohl tatsächlich irgendwann schon mal auf, sagt mir mein Browser, hab mich aber wohl damals wirklich nicht getraut zu klicken. Jetzt aber!

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  12. Bin aux dem weg nach gross raden darum mur kurz. Andreas, volle zustimmung. Wir handhaben das auch so wie ihr, siehe beispiel holz. Uli, der unterschied vom ewing zu haegg ist, dass haegg das material in haenden hatte. Das halte ich fuer wichtig. wwWerde

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    1. Mehr und ohne rechtschreibfehler wenn ich wieder daheim und nicht auf smartphone angewiesen bin

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  13. Ich gebe zu, dass ich eher "Grillen im Kostüm" betreibe, aus naheliegenden Gründen. Ich arbeite in zwei Museen und habe dort einige Illusionen verloren. Wenn ich mich auf die Literatur verlassen könnte, dann wäre das noch was anderes. Aber z.T. sind ja nicht einmal Fundzusammenhänge korrekt erfasst, gammeln in einer Ecke des Depots herum (16.Jh-Khukhuri aus Wootz als Antiwackelkeil unterm Regal anyone?;-)). Aber das ist nicht der Grund. Mit drei Jobs, fünf Vereinen, Fernbeziehung etc. habe ich auch wenig Energie und Zeit übrig. Klar macht mir die Darstellung Freude, aber wenn das Ganze einen gewissen Aufwand übersteigt, muss ich Geld dafür haben, so einfach ist das. Das macht aber kein Museum, zumindest keins in Deutschland.

    Um aber die Arbeit der anderen Darsteller zu würdigen und eben nicht als Kuriositätenvarieté herumzulaufen, achte ich schon soweit es geht auf das dicke "A". Wenn aber noch keine Zeit für eine Birka-Gürteltasche war, muss es eben die aus der HoMi-Darstellung solange tun. Wenn noch keine Zeit für eine entsprechende Buxe war, muss es eben eine einigermaßen vertretbare sein, die vorhanden ist. Klar, Spaxschrauben und Tomaten auf dem Tisch gehen gar nicht. Aber das andere braucht eben Zeit. Ich würde gern irgendwann einmal ein Grabinventar darstellen, mit allem Drum und Dran, und das dann richtig. Aber vermutlich ist das erst dann soweit, wenn ich das so ganz richtig authentisch kann - weil ich dann nämlich auch schon das Zeitliche gesegnet habe. Bis dahin bleib ich eben aus Notwendigkeit der Honk mit dem Panoptikum an Gewandung und Ausrüstung;-).

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  14. Um ein einziges Grab gezielt zu rekonstruieren und über längere Zeit darzustellen hab ich einfach zu viel Spaß am Basteln ;)
    Da mischen sich schonmal Birka-Posamente mit Haithabu-Zierflechten, oder es tauchen Posamente an Nadeldöschen auf. Solange das Gesamtbild stimmig erscheint und ich nicht im musealen Rahmen damit Leuten im Brustton der Überzeugung erkläre, dass es das alles in genau dieser Form gegeben hat, ist das für mich ok. Und bisher st auch noch niemand zu mir gekommen und hat sich beschwert ;)
    Ich denke mal, dass sich in jedem mit der Zeit ein gewisser Anspruch entwickelt, etwas genauer und korrekter in der Darstellung zu werden. Aber ich finde, das kann auch, je nach Umständen, ein längerer Prozess sein. Nach und nach liest man sich ein, werkelt, knüpft Kontakte und bekommt neuen Input.

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    1. Du spricht einen ganz wichtigen Punkt an: musealer Rahmen und stimmiges Bild. Auf einem Markt habe ich kein Problem damit, einen nicht belegten Gürtel zu tragen, weil es vielleicht gerade bequemer ist oder was auch immer. Im musealen Rahmen würde ich das nicht machen :-9
      Und das mit dem Spaß am Basteln teilen wir wohl :-)

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  15. Ich zitiere an dieser Stelle einfach mal von unserer HP:

    "
    Authentizität/ Fundierte Darstellung der Franka Nebula
    Als fundiert gilt, was durch archäologische Funde belegt ist! Das ist der Leitspruch, der sich als roter Faden durch unsere Darstellung zieht. Eine vollständige Interpretation unserer Darstellung ist aus dem vorliegenden Gräberfeld nicht möglich. Dazu fehlen einfach die entsprechenden Siedlungs- u. Textilfunde. Daher gilt für uns im Falle von nicht vorhandenen Funden, die Inanspruchnahme einer Gebietserweiterung bzw. eine leicht zeitübergreifende Zuhilfenahme von Funden.
    Wenn wir von einer Rekonstruktion bzw Interpretation nach Grab XY sprechen, so können wir diese gerne gesondert präsentieren. Wenn wir auf sog. Mittelaltermärkten etc. auftreten und uns entsprechen kleiden, wird unserer Erscheinungsweise eine unter vorgenannten Punkten zu berücksichtigen Interpretation von „Franken aus Rheinhessen“, entsprechen.

    Angestrebt ist ein Erscheinungsbild aller Replikate, das den Originalen der dargestellten Zeit äußerst nahe kommt. Die Beschaffenheit des Materials kann, wenn derzeit nicht anders machbar, von der des Originals abweichen. Beispiel Gewandung: Stoffe können maschinengewebt sein, sind aber naturgefärbt und per Hand vernäht. Auch kann die Bronze der Repliken eine andere chemische Zusammensetzung als das Original aufweisen. Fernziel ist es, diese Kompromisse nach und nach zu beseitigen und somit der Originalbeschaffenheit sehr nahe zu kommen. Ein Teil der Franka Nebula legt sich zum Zweck der genauen Erklärbarkeit sog. Belegmappen an. Hier können die vorhandenen Repliken anhand von Abbildungen und Beschreibungen von Funden erklärt und Unterschiede aufgezeigt werden." Zitatende

    Ich finde Eure Argumente auch weitgehendst in Ordnung, ABER dann sollte man immer darauf Acht geben was man behauptet darzustellen, den Ehrlichkeit hallte ich für ganz wichtig.


    Liebe Grüße
    Dankward

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    1. Danke Dankward für deinen Kommentar. Deine Argumente habe ich auch schon oft herunter gebetet, und gehe absolut d´accord mit ihnen. Signed! :-)

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  16. Ich unterscheide: einzelne textile Stücke arbeite ich mit größtmöglicher Genauigkeit nach Fundlage; meine Darstellung dagegen ist zum größten Teil freie Interpretation, was die Spätlatene angeht. Für unseren Raum (Hunnenring/Otzenhausen) und unsere Zeit (50 v. Chr.) gibt es keine verwendbaren Textilien, schon gar nicht auf Jahrzehnte oder gar Jahre bestimmbar. Da geht es bei der Umsetzung schon mal im Zeitraum von 500 Jahren nach hinten oder vorn oder im Radius von 500 km in die 4 Himmelsrichtungen. Ich kann noch nicht mal mit Sicherheit bestimmen, ob die Peplostracht für unseren Bereich überhaupt noch in Frage kommt, denn selbst die Metallbeigaben sind spärlich in den Gräbern. Ich selbst habe da keine Probleme mit, gebe aber auch immer an, dass es eine Interpretation der Kleidung ist, kein Abbild der dargestellten Zeit.
    Marled

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    1. Hi Marled, deine Fähigkeiten bestaune ich sowieso immer mit offenem Mund, auch deine Detailgenauigkeit. Schon interessant, dass deine eigene Darstellung aufgund von fehlenden Funden frei interpretiert ist, aber hey, das kennen wir alle irgendwoher. Solange man das dem interessierten Besucher so kommuniziert, ist das mehr als legitim. Museen machen das nicht anders ;-)

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